Außerordentliche Hilfsweise Ordentliche Kündigung ist nicht immer rechtmäßig. Ich werde Ihnen erläutern, wann sie erlaubt ist, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen und wie Betriebsrat und Fristen berücksichtigt werden.

Außerordentliche Kündigung verstehen
Was bedeutet fristlose Kündigung hilfsweise zum nächstmöglichen Termin
§ 626 BGB wichtiger Grund
Eine außerordentliche Kündigung setzt stets einen „wichtigen Grund“ im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB voraus. Dieser muss so gravierend sein, dass es dem kündigenden Teil – in der Regel dem Arbeitgeber – nicht zumutbar ist, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der regulären Kündigungsfrist fortzusetzen. Dabei wird nicht nur das Fehlverhalten an sich betrachtet, sondern auch dessen Gesamtkontext – war es einmalig, geplant, bewusst? Der Gesetzgeber verlangt hier ein tiefes Abwägen der Umstände (vgl. § 626 Abs. 1 BGB).
Interessenabwägung im Einzelfall
Das Bundesarbeitsgericht hat in ständiger Rechtsprechung betont, dass eine einzelfallbezogene Interessenabwägung unerlässlich ist (BAG, Urteil v. 10.06.2010, 2 AZR 541/09). Es geht darum, ob das Vertrauen so nachhaltig zerstört ist, dass eine Weiterbeschäftigung – selbst nur über Wochen – ausgeschlossen ist. Alter, Dauer der Betriebszugehörigkeit und bisheriges Verhalten spielen hier genauso eine Rolle wie die Schwere des Fehlverhaltens.
Sofortige Wirkung fristlos
Eine fristlose Kündigung entfaltet ihre Wirkung – wie der Name sagt – ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist. Sobald sie zugeht, endet das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung. Das kann dramatische Folgen für den Arbeitnehmer haben: kein Anspruch auf Lohnfortzahlung, unmittelbare Meldepflicht bei der Agentur für Arbeit, mögliche Sperrzeit beim Arbeitslosengeld.
Fristlose Kündigung hilfsweise ordentliche Kündigung Arbeitsverhältnis
Absicherung bei Unwirksamkeit fristlos
Nicht jede fristlose Kündigung hält vor Gericht stand. Um sich abzusichern, wird häufig „hilfsweise zum nächstmöglichen Termin ordentlich“ gekündigt. Das bedeutet: Falls das Gericht die fristlose Kündigung für unwirksam erklärt, greift automatisch die ordentliche Kündigung mit gesetzlicher oder vertraglicher Frist. Diese Konstruktion schützt insbesondere Arbeitgeber vor vollständigem Rückfall in das alte Arbeitsverhältnis.
Kündigungsfristen nach § 622 BGB
Die maßgebliche Frist für eine ordentliche Kündigung ergibt sich aus § 622 BGB. Dort sind je nach Betriebszugehörigkeit gestaffelte Kündigungsfristen geregelt. Ein häufiger Fehler ist, diese Fristen nicht korrekt zu berechnen oder vertragliche Abweichungen zu übersehen. Genau das kann eine hilfsweise Kündigung rechtlich angreifbar machen.
Zugangsnachweis der Erklärung
Ob fristlos oder hilfsweise ordentlich – die Kündigung muss dem Arbeitnehmer zugehen, und zwar nachweislich. Ein Einwurf in den Briefkasten reicht zwar, doch der Arbeitgeber trägt die Beweislast. Einschreiben mit Rückschein, persönliche Übergabe mit Zeugen oder Boten – all das sind Mittel, um den Zugang abzusichern (vgl. BAG, Urteil v. 26.03.2015, 2 AZR 483/14).
Gründe für außerordentliche hilfsweise ordentliche Kündigung
Verhaltensbedingte Pflichtverletzungen
Diebstahl, Betrug, Unterschlagung
Vergehen gegen das Eigentum oder das Vermögen des Arbeitgebers sind nahezu klassische Beispiele für eine fristlose Kündigung. Ob ein einzelner entwendeter Kugelschreiber oder eine systematische Manipulation von Kassenbons – entscheidend ist das zerstörte Vertrauensverhältnis. In BAG-Urteilen wird stets betont: Die Höhe des Schadens ist zweitrangig, es zählt die Pflichtverletzung an sich (BAG, Urteil v. 10.06.2010, 2 AZR 541/09).
Beleidigung und massive Störung des Betriebsfriedens
Persönliche Angriffe gegenüber Vorgesetzten oder Kollegen – insbesondere rassistische, sexistische oder ehrverletzende Aussagen – sind in der Regel geeignet, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Der Betriebsfrieden gilt als schützenswertes Gut. Auch grobe Störungen durch wiederholtes Mobbing oder Einschüchterungen können diesen Tatbestand erfüllen.
Arbeitsverweigerung trotz Abmahnung
Eine einmalige Arbeitsverweigerung reicht selten aus – aber wenn der Arbeitnehmer trotz vorheriger Abmahnung seine Arbeit bewusst und hartnäckig verweigert, wird das Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört. Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber eindeutig aufgezeigt hat, welches Verhalten nicht akzeptabel ist – und dies dokumentiert wurde.
Personenbedingte Gründe und Vertrauensverlust
Verlust der Arbeitserlaubnis
Besonders in internationalen Arbeitsverhältnissen kann der Verlust einer Aufenthalts- oder Arbeitserlaubnis die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar machen. Ohne entsprechende Erlaubnis darf der Arbeitgeber den Arbeitnehmer gar nicht mehr beschäftigen – was eine außerordentliche Kündigung auslösen kann.
Gesundheitsbedingte Unzumutbarkeit
In seltenen Fällen können auch gesundheitliche Umstände zur außerordentlichen Kündigung führen – etwa bei aggressivem Verhalten aufgrund psychischer Erkrankungen oder bei einer unerwarteten schweren chronischen Erkrankung mit unkalkulierbarem Wiedereinstieg. Die Hürden hierfür sind jedoch sehr hoch und müssen durch ärztliche Gutachten belegt werden.
Außerordentliche hilfsweise ordentliche Kündigung Betriebsrat
Anhörungspflicht nach § 102 BetrVG
Bevor ein Betriebsratsmitglied gekündigt werden kann, ist zwingend eine Anhörung nach § 102 BetrVG erforderlich. Ohne diese ist jede Kündigung unwirksam. Die gesetzlich verankerte Beteiligung des Betriebsrats dient dem Schutz vor willkürlichen Maßnahmen und der Sicherung innerbetrieblicher Fairness.
Unwirksamkeit ohne ordnungsgemäße Beteiligung
Ein Verstoß gegen diese Anhörungspflicht macht die Kündigung automatisch unwirksam – unabhängig davon, wie gravierend der Kündigungsgrund ist. Arbeitgeber, die diesen Schritt überspringen oder nur formell abhandeln, riskieren einen verlorenen Prozess und die Pflicht zur Weiterbeschäftigung.
Besonderer Kündigungsschutz im Betriebsrat
Für Mitglieder des Betriebsrats besteht darüber hinaus ein besonderer Kündigungsschutz nach § 15 KSchG. Selbst bei schweren Pflichtverletzungen darf nur unter sehr engen Voraussetzungen gekündigt werden – häufig nur mit Zustimmung des Arbeitsgerichts. Dieser Schutz hat Verfassungsrang und dient dem Ausgleich betrieblicher Machtverhältnisse (vgl. BAG, Urteil v. 24.06.2004, 2 AZR 461/03).
Rechtsmittel und Musterformulierungen
Außerordentliche Kündigung hilfsweise ordentlich Muster
Formeller Aufbau eines Kündigungsschreibens
Ein rechtssicheres Kündigungsschreiben beginnt mit dem Datum, enthält eine klare Bezeichnung des Arbeitsverhältnisses und benennt ausdrücklich, dass sowohl fristlos als auch hilfsweise ordentlich gekündigt wird. Wichtig: Die Begründung muss erkennbar und nachvollziehbar sein – idealerweise mit konkreten Vorfällen, Daten und Beweismitteln.
Beispieltext für Arbeitgeber
„Hiermit kündigen wir das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich und fristlos aus wichtigem Grund gemäß § 626 BGB. Hilfsweise kündigen wir ordentlich zum nächstmöglichen Termin. Die Gründe für die Kündigung ergeben sich aus dem beigefügten Schreiben.“
Beispieltext für Arbeitnehmer
Auch Arbeitnehmer können in Ausnahmefällen fristlos kündigen, etwa bei sexueller Belästigung oder erheblichem Lohnrückstand. Ein Beispiel: „Hiermit kündige ich das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung aus wichtigem Grund gemäß § 626 BGB. Hilfsweise erfolgt die Kündigung ordentlich zum nächstmöglichen Termin.“
Kündigungsschutzklage und Fristen
Dreiwochenfrist beim Arbeitsgericht
Eine Kündigungsschutzklage muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung beim zuständigen Arbeitsgericht eingehen (§ 4 KSchG). Versäumt der Arbeitnehmer diese Frist, gilt die Kündigung als wirksam – selbst wenn sie es objektiv nicht ist. Das macht schnelles Handeln und anwaltliche Unterstützung so wichtig.
Aufhebungsvergleich als Alternative
Manchmal ist ein gerichtlicher Vergleich sinnvoller als ein langer Prozess. In einem sogenannten Aufhebungsvergleich einigen sich beide Seiten auf eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses – häufig gegen Zahlung einer Abfindung. Das vermeidet langwierige Verfahren und schafft Rechtssicherheit für beide Seiten.
Abfallbeauftragter Kündigungsschutz 👆Hilfsweise ordentliche Kündigung im Überblick
Was bedeutet hilfsweise Kündigung
Rechtliche Bedeutung und Zweck
Die hilfsweise ordentliche Kündigung ist eine juristische Doppelstrategie. Sie kommt insbesondere dann zum Einsatz, wenn die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung unsicher ist. Der Kündigende – meist der Arbeitgeber – spricht in diesem Fall vorsorglich zusätzlich eine ordentliche Kündigung zum nächstmöglichen Termin aus. Warum das Ganze? Ganz einfach: Um das Risiko zu vermeiden, dass eine Kündigung insgesamt scheitert und das Arbeitsverhältnis weiterbesteht. Juristisch betrachtet handelt es sich dabei um eine sogenannte Eventualerklärung, die erst dann greift, wenn die Hauptkündigung – also die fristlose – unwirksam ist (vgl. BAG, Urteil vom 16.01.1992 – 2 AZR 412/91).
Absicherung bei Streit über wichtigen Grund
Ein häufiger Streitpunkt bei fristlosen Kündigungen ist die Frage, ob tatsächlich ein „wichtiger Grund“ im Sinne des § 626 BGB vorliegt. Gerade in arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen gehen die Einschätzungen hier weit auseinander. Die hilfsweise Erklärung schützt davor, dass der Arbeitgeber – falls das Gericht die fristlose Kündigung kippt – vollständig ohne Grundlage dasteht.
Schutz vor Kündigungsunwirksamkeit
Im Fall, dass die fristlose Kündigung scheitert, greift automatisch die ordentliche Kündigung. Dies verhindert, dass der Arbeitgeber trotz schwerwiegenden Vertrauensverlusts zur Weiterbeschäftigung verpflichtet wird. Damit fungiert die hilfsweise Kündigung als rechtliche Rückfalloption, die dennoch eine formale Selbstständigkeit zur Hauptkündigung besitzt (BAG, Urteil vom 23.05.2013 – 2 AZR 54/12).
Hilfsweise ordentliche Kündigung bedingungsfeindlich
Bedingungsverbot bei Kündigungen
Im deutschen Kündigungsrecht gilt ein Grundsatz: Kündigungen dürfen grundsätzlich nicht unter Bedingungen gestellt werden. Das sogenannte Bedingungsverbot ergibt sich aus dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit – ein Arbeitnehmer muss wissen, ob und wann sein Arbeitsverhältnis endet. Die hilfsweise Kündigung durchbricht dieses Verbot jedoch nicht, da sie nicht von einem zukünftigen Ereignis abhängig gemacht wird, sondern nur als zweite, parallele Option im Raum steht.
Anforderungen der Rechtsprechung
Die Rechtsprechung hat klare Anforderungen an die Formulierung gestellt. So darf die hilfsweise Kündigung nur als selbstständige Erklärung verstanden werden, nicht als bloße Erweiterung oder Bedingung der fristlosen. Entscheidend ist, dass der Wille des Kündigenden klar und eindeutig zum Ausdruck kommt – also: „fristlos – und falls das nicht trägt – ordentlich zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ (LAG Hamm, Urteil vom 13.11.2019 – 2 Sa 644/19).
Risiko inkorrekter Formulierungen
Ein kleines sprachliches Detail kann über Sieg oder Niederlage vor Gericht entscheiden. Wenn aus dem Schreiben nicht eindeutig hervorgeht, dass beide Kündigungen unabhängig voneinander bestehen, kann die hilfsweise Kündigung unwirksam sein. Besonders bei der Angabe des Termins oder der Begründung schleichen sich oft Fehler ein – mit fatalen Folgen.
Hilfsweise Kündigung Formulierung
Elemente einer rechtssicheren Erklärung
Hauptkündigung fristlos
Die Hauptkündigung muss als fristlose Kündigung mit einer konkreten Begründung eingeleitet werden. Hierbei ist es wichtig, dass die Faktenlage klar dargelegt wird – inklusive Zeitangaben, betroffener Personen und gegebenenfalls vorheriger Abmahnungen. Ohne eine belastbare Begründung ist bereits die erste Kündigungsstufe wacklig.
Hilfsweise ordentliche Kündigung zum Termin
Im Anschluss folgt der zentrale Satz: „Hilfsweise kündigen wir das Arbeitsverhältnis ordentlich zum nächstmöglichen Termin.“ Diese Formulierung hat sich in der arbeitsrechtlichen Praxis etabliert, sollte jedoch durch die genaue Angabe des Termins ergänzt werden, sofern dieser bekannt oder berechenbar ist. Die Verwendung offener Klauseln kann problematisch sein, wenn sich daraus Unklarheiten über Fristen ergeben.
Klarheit und Transparenz im Schreiben
Ein sauberes Layout, logische Gliederung und verständliche Sprache sind keine Nebensache, sondern rechtlich relevant. Gerichte legen zunehmend Wert darauf, ob der Gekündigte das Schreiben ohne juristische Vorkenntnisse nachvollziehen konnte. Eine juristisch perfekte Kündigung kann also trotzdem unwirksam sein, wenn sie zu kompliziert formuliert ist (vgl. LAG Düsseldorf, Urteil vom 07.04.2021 – 12 Sa 1084/20).
Gerichtliche Entscheidungen zu hilfsweisen Kündigungen
BGH-Urteile zur Wirksamkeit
Der Bundesgerichtshof hat in mehreren Entscheidungen betont, dass eine hilfsweise ausgesprochene Kündigung dann wirksam ist, wenn sie rechtlich eigenständig formuliert wurde und sich nicht als bloße Rückversicherung tarnt. Besonders im Bereich des Handelsrechts, wo Geschäftsführer betroffen sind, wurde auf die formale Trennung der Kündigungen besonderer Wert gelegt (BGH, Urteil vom 25.01.2011 – II ZR 196/09).
LAG-Entscheidungen zu Auslegungsfragen
Landesarbeitsgerichte haben sich regelmäßig mit Streitfällen zur Auslegung von Kündigungsschreiben befasst. Ein wiederkehrendes Thema: Was passiert, wenn nur ein Kündigungsgrund genannt wurde, aber zwei Kündigungsarten ausgesprochen wurden? Hier entscheidet oft die Klarheit der Sprache – war die ordentliche Kündigung wirklich „hilfsweise“ oder bloß undeutlich erklärt?
Wichtige Leitsätze für Arbeitnehmerrechte
Für Arbeitnehmer ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung ein wichtiger Leitsatz: Wer eine Kündigung erhält, in der sowohl fristlos als auch hilfsweise ordentlich gekündigt wird, sollte immer beide Aspekte prüfen (lassen). Denn selbst wenn der wichtigste Grund entfällt, kann die ordentliche Kündigung weiter Bestand haben. Und das wiederum hat Einfluss auf Arbeitslosengeld, Sperrfristen und mögliche Abfindungsverhandlungen.
Arbeitszeiterfassung Arbeitnehmer: Was 2026 Pflicht ist 👆Strategische Anwendung und besondere Fälle
Doppelstrategie Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Warum doppelt kündigen?
Minimierung des Prozessrisikos
Es klingt vielleicht auf den ersten Blick übervorsichtig – zwei Kündigungen gleichzeitig aussprechen? Doch wer das Arbeitsrecht kennt, weiß: Ein Gerichtsverfahren ist nie vorhersehbar. Die Doppelstrategie dient dazu, das Risiko eines vollständigen Prozessverlusts zu minimieren. Wenn ein Richter die fristlose Kündigung kippt, bleibt die ordentliche als rechtliche Sicherheitsleine bestehen. Dieses Vorgehen ist mittlerweile gängige Praxis, gerade in Fällen mit unklarer Beweislage oder widersprüchlichen Zeugenaussagen.
Rechtssicherheit bei unklarer Beweislage
In der Realität zeigt sich häufig, dass Kündigungsgründe zwar glaubhaft erscheinen, aber nicht mit letzter Sicherheit belegbar sind – etwa bei internen Verfehlungen ohne schriftliche Beweise. Die hilfsweise Kündigung schafft hier einen rechtlichen Auffangmechanismus, der im Ernstfall eine gerichtsfeste Alternative bietet. Die Rechtsprechung erkennt diese Struktur ausdrücklich als zulässig an (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 08.02.2023 – 4 Sa 1153/22).
Fristlose hilfsweise ordentliche Kündigung Wohnung
Kündigung durch Vermieter oder Mieter
Vertragsverletzungen und Pflichtverstöße
Nicht nur im Arbeitsrecht, auch im Mietrecht existiert die Möglichkeit einer fristlosen Kündigung mit hilfsweiser ordentlicher Erklärung. Ein klassisches Beispiel ist der Zahlungsverzug des Mieters. Kommt es zu erheblichen Pflichtverletzungen – wie wiederholtem Lärm, unerlaubter Untervermietung oder aggressivem Verhalten gegenüber Nachbarn –, kann der Vermieter fristlos kündigen. Damit diese Kündigung jedoch Bestand hat, muss sie sich auf § 543 Abs. 1 und 2 BGB stützen. Für den Fall, dass das Gericht die fristlose Variante für unverhältnismäßig hält, wird hilfsweise ordentlich gekündigt – ebenfalls mit Verweis auf § 573 BGB.
Nächster Kündigungstermin bei Hilfsform
Die hilfsweise ordentliche Kündigung im Mietrecht orientiert sich an den gesetzlichen Fristen des § 573c BGB. Dabei ist der nächste zulässige Termin stets abhängig vom Zeitpunkt des Kündigungszugangs. Wird also ein Schreiben am 29. Februar übergeben, greift die Frist erst zum Ablauf des übernächsten Monats – in dem Fall also zum 31. Mai. Klingt banal, ist aber oft der Streitpunkt in mietrechtlichen Verfahren.
Unterschiede zum Arbeitsrecht
Ein wesentlicher Unterschied zur arbeitsrechtlichen Variante liegt in der Wirkung und Zielrichtung: Während im Arbeitsrecht das Vertrauen zwischen zwei gleichwertigen Vertragsparteien entscheidend ist, stehen im Mietrecht vor allem objektive Kriterien wie Zahlungsverzug oder bauliche Eingriffe im Fokus. Zudem besteht bei Mietverhältnissen ein stärkerer Mieterschutz, was bedeutet, dass fristlose Kündigungen noch strenger geprüft werden – siehe BGH, Urteil vom 27.09.2017 – VIII ZR 193/16.
Verhalten nach Erhalt einer hilfsweisen Kündigung
Erste Schritte und anwaltliche Beratung
Sofortige Fristenprüfung und Reaktion
Der Moment, in dem ein Kündigungsschreiben im Briefkasten liegt, ist für viele Betroffene ein Schock. Aber genau jetzt ist kühler Kopf gefragt. Die Dreiwochenfrist nach § 4 KSchG läuft ab dem Zugang – nicht ab dem Lesen. Wer sie verpasst, akzeptiert unter Umständen stillschweigend die Kündigung. Erste Handlung muss daher immer sein: Frist berechnen, Termin im Kalender markieren und möglichst sofort einen Beratungstermin bei einer Kanzlei vereinbaren.
Dokumentensicherung und Faktenaufbereitung
Rechtsanwälte können nur so gut arbeiten, wie die Informationen, die sie bekommen. Daher sollten Betroffene alle relevanten Unterlagen zusammentragen: Arbeitsverträge, Abmahnungen, E-Mails, Gesprächstermine – jede Kleinigkeit kann später entscheidend sein. Wer schon frühzeitig beginnt, seine Unterlagen systematisch zu sichern und zu sortieren, spart später nicht nur Zeit, sondern möglicherweise auch den Job.
Bedeutung für Arbeitslosengeld und Sperrzeit
Bewertung durch Agentur für Arbeit
Wird eine fristlose Kündigung ausgesprochen – selbst wenn hilfsweise ordentlich gekündigt wurde – prüft die Agentur für Arbeit automatisch, ob ein versicherungswidriges Verhalten vorliegt. Kommt sie zum Schluss, dass der Arbeitnehmer selbst Anlass zur Kündigung gegeben hat, kann eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld verhängt werden. Diese beträgt in der Regel zwölf Wochen (§ 159 SGB III).
Widerspruch gegen Sperrzeitentscheidung
Aber Achtung: Gegen eine solche Sperrzeit kann man sich durchaus wehren. Der Widerspruch muss schriftlich eingelegt und gut begründet sein. Dabei helfen oft ärztliche Atteste, eidesstattliche Versicherungen oder andere Nachweise, die die Darstellung des Arbeitnehmers stützen. Nicht selten führt ein gut vorbereiteter Widerspruch dazu, dass die Agentur ihre Einschätzung revidiert – gerade wenn parallel ein Kündigungsschutzverfahren läuft oder die Kündigung gar rückwirkend für unwirksam erklärt wird (BSG, Urteil vom 17.10.2017 – B 11 AL 19/16 R).
Arbeitsrecht für Personaler: Was du wirklich wissen musst 👆Fazit
Die Kombination aus außerordentlicher und hilfsweiser ordentlicher Kündigung bietet in der arbeitsrechtlichen und mietrechtlichen Praxis ein kraftvolles Instrument – jedoch nur bei sorgfältiger Anwendung. Wer hier leichtfertig agiert, riskiert gravierende juristische Rückschläge. Besonders die rechtliche Eigenständigkeit beider Kündigungsformen, formale Anforderungen an die Erklärung sowie spezifische Schutzmechanismen – etwa für Betriebsräte – dürfen nicht unterschätzt werden. Entscheidend ist stets der konkrete Einzelfall: Nur wenn die Gründe nachvollziehbar, der Ablauf korrekt und die Fristen eingehalten sind, kann eine solche Kündigung auch wirksam sein. Arbeitnehmer wie Arbeitgeber tun gut daran, sich im Zweifel frühzeitig juristisch beraten zu lassen, denn Fristen sind kurz, Folgen oft langfristig.
Kündigungsschutzgesetz Schwangere – Kündigung rückgängig machen 👆FAQ
Ist eine außerordentliche hilfsweise ordentliche Kündigung überhaupt zulässig?
Ja, unter bestimmten Bedingungen ist diese Kombination rechtlich zulässig. Voraussetzung ist, dass beide Kündigungen eigenständig und eindeutig formuliert werden. Sie darf nicht als bedingte Erklärung verstanden werden, da im deutschen Recht ein Bedingungsverbot bei Kündigungen gilt (vgl. BAG, Urteil vom 16.01.1992 – 2 AZR 412/91).
Was passiert, wenn die fristlose Kündigung unwirksam ist?
In diesem Fall greift automatisch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung, sofern sie korrekt formuliert und rechtzeitig zugegangen ist. Dadurch wird verhindert, dass der Arbeitgeber vollständig ohne Kündigung dasteht.
Gilt die Dreiwochenfrist auch bei einer hilfsweisen Kündigung?
Ja, unbedingt. Die Dreiwochenfrist nach § 4 KSchG beginnt ab Zugang der Kündigung – unabhängig davon, ob sie fristlos, ordentlich oder hilfsweise erklärt wurde. Wird sie versäumt, gilt die Kündigung als wirksam, selbst wenn sie objektiv fehlerhaft war.
Kann auch ein Arbeitnehmer hilfsweise kündigen?
Ja, wenn auch seltener. In Ausnahmefällen – etwa bei sexueller Belästigung, massiver Unterdrückung oder Zahlungsrückständen – kann ein Arbeitnehmer fristlos und hilfsweise ordentlich kündigen. Auch hier gelten dieselben formalen Anforderungen wie für Arbeitgeber.
Ist eine hilfsweise Kündigung im Mietrecht überhaupt möglich?
Ja. Auch Vermieter und Mieter können fristlos mit hilfsweiser ordentlicher Kündigung arbeiten, insbesondere bei Pflichtverletzungen wie Zahlungsverzug oder unerlaubter Untervermietung. Dabei gelten jedoch andere gesetzliche Grundlagen, insbesondere §§ 543, 573 und 573c BGB.
Muss ein Betriebsrat bei jeder Kündigung beteiligt werden?
Ja, zumindest in Betrieben mit Betriebsrat ist vor jeder Kündigung eine ordnungsgemäße Anhörung nach § 102 BetrVG erforderlich. Fehlt diese, ist die Kündigung – egal ob fristlos oder ordentlich – unwirksam.
Was ist bei der Formulierung besonders wichtig?
Die beiden Kündigungen müssen sprachlich sauber getrennt und unabhängig formuliert sein. Unklare, vermischte Formulierungen können dazu führen, dass die hilfsweise Kündigung nicht als gültige Eventualerklärung anerkannt wird (vgl. LAG Hamm, Urteil vom 13.11.2019 – 2 Sa 644/19).
Welche Rolle spielt die Agentur für Arbeit bei einer fristlosen Kündigung?
Sie prüft automatisch, ob ein versicherungswidriges Verhalten vorliegt. Wird dies bejaht, kann eine Sperrzeit für das Arbeitslosengeld verhängt werden (§ 159 SGB III). Auch bei hilfsweiser Kündigung kann dies relevant sein, wenn der Verdacht auf arbeitnehmerseitiges Fehlverhalten besteht.
Kann ich gegen eine Sperrzeit der Agentur für Arbeit vorgehen?
Ja. Innerhalb eines Monats nach Bescheid kann Widerspruch eingelegt werden. Gute Argumente, ärztliche Nachweise oder laufende Kündigungsschutzklagen erhöhen die Chancen, dass die Sperrzeit aufgehoben wird (vgl. BSG, Urteil vom 17.10.2017 – B 11 AL 19/16 R).
Was bedeutet „nächstmöglicher Termin“ konkret?
Der nächstmögliche Termin ergibt sich aus dem individuellen Arbeits- oder Mietvertrag bzw. den gesetzlichen Fristen. Entscheidend ist der Zeitpunkt des Kündigungszugangs. Der Termin muss berechnet und – idealerweise – im Schreiben konkret benannt werden, um Missverständnisse zu vermeiden.
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