Urlaubsanspruch bei Kündigung durch Arbeitgeber kann bares Geld bedeuten – wenn du weißt, was dir zusteht. Dieser Artikel zeigt dir Rechenwege, rechtliche Grundlagen und wie du klug reagierst.

Urlaubsanspruch bei Kündigung verstehen
Gesetzliche Grundlage BUrlG
§3 BUrlG: Mindesturlaubsanspruch
Anspruch bei unterjähriger Beschäftigung
Wenn das Arbeitsverhältnis nicht das ganze Kalenderjahr über besteht, stellt sich sofort die Frage: Wie viel Urlaub steht mir eigentlich noch zu? Laut §3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) hat jeder Arbeitnehmer bei einer Sechs-Tage-Woche Anspruch auf mindestens 24 Werktage Jahresurlaub – was bei einer Fünf-Tage-Woche in der Praxis meist 20 Arbeitstagen entspricht. Doch bei einer Kündigung innerhalb des Jahres greift die sogenannte Zwölftelregelung: Für jeden vollen Monat der Beschäftigung entsteht anteilig ein Zwölftel des Jahresurlaubs (§5 Abs. 1 lit. c BUrlG). Klingt technisch? Ist es auch – aber entscheidend für die Frage, ob dir noch bezahlte Urlaubstage zustehen oder nicht.
Auswirkungen auf Teilzeitkräfte
Ganz knifflig wird es, wenn du in Teilzeit arbeitest. Denn hier geht es nicht nur um die Reduzierung der Stunden, sondern auch um die tatsächlichen Arbeitstage pro Woche. Der Urlaubsanspruch wird entsprechend angepasst – nicht an die Stundenzahl, sondern an die Anzahl der wöchentlichen Einsatztage. Wer also z.B. nur montags und freitags arbeitet, hat zwei relevante Arbeitstage. Daraus ergibt sich eine Umrechnung auf den individuellen Jahresurlaubsanspruch, meist mit der Formel: Urlaubstage laut Vollzeitvertrag x tatsächliche Arbeitstage / Werktage Vollzeit. Das BAG hat diese Berechnung mehrfach bestätigt (BAG, Urteil vom 10.2.2015 – 9 AZR 53/14).
§5 BUrlG: Teilurlaub bei Kündigung
Stichtagsregelung im Kalenderjahr
Ein oft übersehener Paragraf: §5 BUrlG regelt den Teilurlaub, insbesondere bei vorzeitigem Ausscheiden. Der Clou liegt im Zeitpunkt der Kündigung. Erfolgt sie in der ersten Jahreshälfte, also vor dem 1. Juli, entsteht grundsätzlich nur anteiliger Urlaub. Erfolgt die Beendigung später, kann der volle Urlaubsanspruch entstehen – dazu später mehr. Für den Moment wichtig: Der Stichtag trennt Urlaubsansprüche fast wie ein unsichtbarer Cut-Off. Viele Arbeitgeber rechnen hier falsch oder nutzen pauschale Kürzungen, die nicht zulässig sind.
Anspruchsberechnung bei Austritt
Die Berechnung des Urlaubsanspruchs beim Austritt erfolgt streng monatsgenau. Bruchteile von Monaten bleiben unberücksichtigt, selbst wenn du 29 Tage im Monat gearbeitet hast. Nur „volle“ Monate zählen. Wer also am 15. des Monats kündigt oder gekündigt wird, verliert anteilig Anspruch. Diese Regelung hat nicht nur praktische, sondern auch finanzielle Auswirkungen – je nachdem, wie viele Urlaubstage im Vorfeld genommen wurden oder noch bestehen.
Sonderfall: Kündigung vor Antritt
Eine besonders unangenehme Konstellation: Du hast einen Arbeitsvertrag unterschrieben, aber noch keinen einzigen Tag gearbeitet – und wirst vor Antritt gekündigt. Rein rechtlich entsteht in diesem Fall kein Urlaubsanspruch, da der Vertrag nie „gelebt“ wurde. Laut ständiger Rechtsprechung (BAG, Urteil vom 19.1.1999 – 9 AZR 246/98) setzt der Urlaubsanspruch immer eine tatsächliche Arbeitsaufnahme voraus. Wer also vorher ausscheidet, hat leider auch keinen Anspruch auf Urlaub – so bitter das klingen mag.
Verhältnis von Kündigung und Resturlaub
Kündigungsfrist und Urlaubsausgleich
Urlaubsgewährung statt Freistellung
Ein häufiges Szenario: Der Arbeitgeber kündigt mit einer gesetzlichen Frist und bietet an, den Resturlaub während der Kündigungsfrist zu nehmen. Das ist zulässig – aber nur, wenn der Urlaub auch tatsächlich gewährt wird. Eine bloße „Freistellung unter Anrechnung des Urlaubs“ reicht nicht, wenn der Arbeitnehmer widerspricht oder es an klarer Kommunikation fehlt. Es muss explizit Urlaub beantragt und genehmigt werden. Fehlt dies, bleibt der Anspruch bestehen.
Auszahlung nur in Ausnahmefällen
Die Urlaubsabgeltung, also die Auszahlung nicht genommener Urlaubstage, ist rechtlich nur erlaubt, wenn der Urlaub aus tatsächlichen Gründen nicht mehr genommen werden kann (§7 Abs. 4 BUrlG). Das ist meist dann der Fall, wenn das Arbeitsverhältnis endet und eine Gewährung aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr möglich ist. Wer also während der Kündigungsfrist krank wird oder vom Arbeitgeber kein Urlaubskonto bekommt, kann einen finanziellen Ausgleich verlangen. Wichtig ist hier: Dieser Anspruch verjährt drei Jahre nach Fälligkeit (BGH NJW 2022, 377).
4 BUrlG voller Urlaubsanspruch Kündigung
Voraussetzungen laut §4 BUrlG
Ein oft übersehener Rettungsanker ist §4 BUrlG. Der volle Urlaubsanspruch entsteht erst, wenn das Arbeitsverhältnis mindestens sechs Monate besteht – das sogenannte „Wartehalbjahr“. Wer dieses überschreitet, hat Anspruch auf den vollen gesetzlichen Mindesturlaub – auch bei Kündigung. Voraussetzung ist aber, dass der Urlaub im laufenden Kalenderjahr noch genommen werden kann oder eine Abgeltung erfolgt.
Beispielrechnungen zur Urlaubsberechnung
Nehmen wir an, du hast einen Urlaubsanspruch von 20 Tagen und wirst am 31. August gekündigt. Dann hast du Anspruch auf den vollen Urlaub, da das Verhältnis über sechs Monate bestand und nach dem 30. Juni endet. Wirst du hingegen am 15. Mai gekündigt, steht dir anteiliger Urlaub zu – rund 8,3 Tage (aufgerundet 9). Solche Beispiele machen deutlich, wie entscheidend der Zeitpunkt der Kündigung ist.
Geltung bei ununterbrochener Beschäftigung
Wichtig ist: Der volle Urlaubsanspruch bleibt nur bestehen, wenn zwischen zwei Beschäftigungen kein Unterbrechungstag liegt. Selbst ein Tag Pause kann dazu führen, dass der neue Arbeitgeber keinen alten Urlaub berücksichtigen muss – sofern nichts anderes vereinbart wurde. Hier kann ein schriftlicher Urlaubsübertrag helfen, der zwischen beiden Arbeitgebern abgestimmt wurde.
Unterschiede bei befristeten Verträgen
Kündigung durch Arbeitgeber vor Vertragsende
Anspruch bei vorzeitigem Ausscheiden
Wird ein befristeter Vertrag überraschend vorzeitig beendet, steht dem Arbeitnehmer ebenfalls anteiliger Urlaub zu. Die Befristung an sich schützt nicht vor Urlaubsansprüchen. Entscheidend ist, wie viele volle Monate gearbeitet wurden. Selbst bei einer Beendigung nach drei Monaten besteht dann Anspruch auf ein Viertel des Jahresurlaubs – gemäß §5 BUrlG.
Ausschluss durch vertragliche Klauseln
In manchen befristeten Verträgen findet sich eine Formulierung wie „Urlaubsansprüche bestehen nur bei ungekündigtem Fortbestehen“. Solche Klauseln sind jedoch meist unwirksam, wenn sie pauschal formuliert sind und den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen. Das Bundesarbeitsgericht hat hierzu klargestellt, dass gesetzliche Urlaubsansprüche nicht vertraglich ausgeschlossen werden dürfen (BAG, Urteil vom 18.3.2014 – 9 AZR 669/12). Wer also solche Formulierungen im Vertrag findet: Nicht abschrecken lassen – sondern prüfen (lassen).
Urlaub trotz Kündigung – So sicherst du deinen vollen Anspruch 👆Berechnungsmodelle und Sonderfälle
Urlaubsanspruch bei Kündigung Rechner kostenlos
Nutzung von Online-Rechnern
Eingabefelder und benötigte Angaben
Wer sich nicht sicher ist, wie viele Urlaubstage ihm bei einer Kündigung tatsächlich noch zustehen, greift gerne auf sogenannte Urlaubsrechner zurück. Die meisten dieser Tools im Netz versprechen eine schnelle und unkomplizierte Berechnung – aber Achtung: Ohne die richtigen Eingaben liefern sie unbrauchbare Ergebnisse. Du brauchst in der Regel das Eintrittsdatum, das Austrittsdatum, die Anzahl der vertraglich vereinbarten Urlaubstage pro Jahr und die wöchentliche Arbeitstageanzahl. Wird auch nur eine dieser Angaben falsch oder unvollständig gemacht, kann das Resultat gravierend danebenliegen.
Grenzen der automatischen Berechnung
So praktisch diese Tools auch scheinen – sie stoßen schnell an rechtliche Grenzen. Kein Online-Rechner kann prüfen, ob du z. B. wegen langer Krankheit zusätzliche Übertragungsrechte hast oder ob du bereits im Vorjahr Urlaub vorgezogen hast. Auch spezielle Klauseln im Arbeitsvertrag oder tarifliche Sonderregelungen werden oft nicht berücksichtigt. Deshalb sollte ein Online-Ergebnis nie blind übernommen werden, sondern nur als grobe Orientierung dienen. Wer rechtlich auf Nummer sicher gehen will, sollte zusätzlich eine persönliche Beratung in Betracht ziehen – etwa bei Gewerkschaften oder Fachanwälten.
Rechner mit BUrlG-Hintergrund
Beispielhafte Tools und Anbieter
Einige Online-Rechner basieren zumindest teilweise auf den Vorgaben des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG). Das zeigt sich vor allem daran, dass sie §5 BUrlG – die Zwölftelregelung – berücksichtigen. Gute Beispiele sind die Rechner der DGB-Rechtsschutz GmbH, von Arbeitsrechte.de oder auch von Karrierebibel.de (Stand: 2024). Diese Plattformen aktualisieren ihre Algorithmen regelmäßig und erklären transparent, wie die Ergebnisse zustande kommen. Trotzdem sollte man sich nicht täuschen lassen: Auch diese Rechner ersetzen keine individuelle Rechtsberatung.
Vergleich mehrerer Rechner-Ergebnisse
Es ist durchaus sinnvoll, die Ergebnisse verschiedener Tools gegenüberzustellen. Denn: Je nach Eingabeformat, Berechnungslogik oder Rundungsverhalten kann das Resultat unterschiedlich ausfallen – teilweise um ganze Urlaubstage. Wer also auf Nummer sicher gehen will, sollte mindestens zwei seriöse Quellen nutzen. So lassen sich auffällige Differenzen erkennen, bevor daraus beim Arbeitgeber Missverständnisse oder Konflikte entstehen.
Voller Urlaubsanspruch bei Kündigung im 2 Halbjahr
Bedeutung der Jahreshälfte
Kündigung nach dem 30. Juni
Ein entscheidender Zeitpunkt im deutschen Urlaubsrecht ist der 30. Juni. Warum? Weil ab dem 1. Juli ein ganz neuer Rechtsrahmen greift. Kündigt der Arbeitgeber erst nach diesem Datum, hat der Arbeitnehmer in der Regel Anspruch auf den vollen gesetzlichen Jahresurlaub – vorausgesetzt, das Arbeitsverhältnis bestand bereits länger als sechs Monate (§5 Abs. 1 lit. c BUrlG). Dieser Stichtag sorgt dafür, dass der Urlaub nicht nur anteilig, sondern komplett zusteht – selbst wenn das Arbeitsverhältnis nur neun Monate dauerte.
Anspruch auf vollen Jahresurlaub
Diese Regelung ist für viele Arbeitnehmer ein echter Gamechanger – besonders wenn sie vorher nur Teilurlaub erwartet haben. Der volle Jahresurlaub wird nicht etwa auf Basis der noch verbleibenden Monate berechnet, sondern komplett gewährt. Auch in Fällen, wo ein neuer Job schon in Aussicht steht, lohnt sich dieser Anspruch finanziell. Vorausgesetzt, der Urlaub wurde noch nicht genommen, kann er entweder gewährt oder sogar abgegolten werden.
Übergang zu neuem Arbeitsverhältnis
Voller Urlaubsanspruch bei Kündigung im 2 Halbjahr neuer Arbeitgeber
Und jetzt wird’s spannend: Was passiert, wenn du nach dem 30. Juni kündigst – und nahtlos in ein neues Arbeitsverhältnis übergehst? Hier lauert die Gefahr der „Doppelgewährung“. Denn laut §6 BUrlG darf Urlaub nur einmal pro Kalenderjahr beansprucht werden – egal bei wie vielen Arbeitgebern du beschäftigt warst. Deshalb muss dein neuer Arbeitgeber erfragen, wie viel Urlaub du bereits erhalten hast oder abgeltet bekommen hast. Im Zweifel solltest du eine schriftliche Bestätigung des alten Arbeitgebers vorlegen, um spätere Konflikte zu vermeiden.
Anspruchsübergang und Doppelanspruch
Trotz gesetzlicher Regelung kommt es immer wieder vor, dass Arbeitnehmer denken: „Super! Zwei Verträge, doppelter Urlaub.“ Leider nein. Der Gesetzgeber lässt hier keinen Spielraum: Nur ein Anspruch pro Kalenderjahr – auch wenn du fünf Mal die Firma wechselst. Allerdings kannst du mit dem neuen Arbeitgeber freiwillig mehr Urlaub verhandeln. Das wäre dann ein übergesetzlicher, vertraglicher Zusatzurlaub – und steht dir zusätzlich zum gesetzlichen Urlaub zu.
Sonderregelungen bei Krankheit
Urlaub während Arbeitsunfähigkeit
Urlaubsverfall nach §7 Abs. 3 BUrlG
Ein Mythos hält sich hartnäckig: Wer krank ist, verliert automatisch seinen Urlaubsanspruch. Das stimmt so nicht. Der gesetzliche Urlaubsanspruch bleibt grundsätzlich auch während der Krankheit bestehen – allerdings nicht unbegrenzt. Laut §7 Abs. 3 BUrlG verfällt der Urlaub zum 31. März des Folgejahres, wenn er nicht genommen wurde. Wird man jedoch das ganze Jahr krank, verlängert sich die Frist auf 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres – so urteilte das BAG bereits 2012 (BAG, Urteil vom 7. August 2012 – 9 AZR 353/10).
Attestpflicht und Nachweiserfordernis
Aber klar ist auch: Der Arbeitnehmer muss seine Arbeitsunfähigkeit sauber belegen. Ein lückenloses Attest ist dabei zwingend erforderlich. Fehlt der Nachweis, kann der Arbeitgeber den Urlaub als „genommen“ werten – was im Ernstfall zu einem Rechtsstreit führen kann. Wer also krank ist und Urlaubstage offen hat, sollte stets für formelle Klarheit sorgen. Auch die Krankenkasse kann dabei beratend unterstützen.
Reha- und Langzeiterkrankungen
Verlängerung des Übertragungszeitraums
Rehabilitationen oder Langzeittherapien zählen im arbeitsrechtlichen Sinn zur Arbeitsunfähigkeit. Das bedeutet: Auch hier verlängert sich der Übertragungszeitraum des Urlaubs. Die Rechtsprechung ist dabei eindeutig: Der Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, der Arbeitnehmer habe den Urlaub nicht rechtzeitig beantragt – wenn dieser nachweislich krank war. Wichtig ist, dass der Rehabilitationszeitraum lückenlos dokumentiert ist – nur so bleibt der Anspruch erhalten.
BAG-Urteil zu 15-Monatsfrist
Einen klaren Rahmen hat das Bundesarbeitsgericht mit seinem Urteil vom 20. Juni 2013 geschaffen (Az. 9 AZR 855/11): Spätestens 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres verfällt der gesetzliche Mindesturlaub – auch bei durchgehender Krankheit. Wer also 2023 keinen Urlaub nehmen konnte, muss ihn bis spätestens 31. März 2025 beanspruchen. Danach ist er unwiederbringlich verloren. Diese Regelung bringt Rechtssicherheit, verlangt aber auch vorausschauendes Handeln von allen Beteiligten.
Unwirksame Kündigung und Rückabwicklung
Rückkehr in das Arbeitsverhältnis
Nachträgliche Urlaubsgewährung
Wenn ein Arbeitsgericht entscheidet, dass eine Kündigung unwirksam war, lebt das Arbeitsverhältnis rückwirkend wieder auf – inklusive aller Rechte. Und das heißt: Der Urlaub, der während der Kündigungsphase „verloren“ gegangen ist, muss nachträglich gewährt werden. Der Arbeitgeber kann sich nicht auf die zwischenzeitlich ausgesprochene Kündigung berufen. Auch eine bereits vereinbarte Urlaubsabgeltung wird dadurch hinfällig – sie muss ggf. zurückgezahlt werden.
Abgeltung bei rückwirkender Beendigung
Etwas anders sieht es aus, wenn das Gericht zwar eine Rückabwicklung feststellt, aber das Arbeitsverhältnis rückwirkend doch als beendet ansieht – etwa durch Vergleich. Dann wird der Urlaubsanspruch in Geld abgegolten, sofern er nicht mehr genommen werden kann. Das BAG hat in einem Urteil vom 19. Februar 2019 (Az. 9 AZR 321/16) betont, dass auch in diesen Fällen der volle Urlaubsanspruch bestehen bleibt – aber eben finanziell auszugleichen ist. Klingt kompliziert? Ist es auch. Deshalb lohnt sich hier fast immer anwaltlicher Rat.
Urlaub nehmen bei Kündigung – So sicherst du dir jeden Urlaubstag 👆Durchsetzung und Streitbeilegung
Arbeitgeber verweigert Urlaub nach Kündigung
Möglichkeiten der Gegenwehr
Aufforderung zur Freistellung durch Arbeitnehmer
Wenn der Arbeitgeber nach einer Kündigung den Resturlaub nicht gewährt, muss der Arbeitnehmer nicht einfach zusehen. Er hat das Recht, die Freistellung ausdrücklich einzufordern. Das sollte idealerweise schriftlich geschehen – in klarer, aber sachlicher Sprache. Der Zeitpunkt ist entscheidend: Je früher die Forderung erhoben wird, desto besser kann im Zweifel nachgewiesen werden, dass der Anspruch rechtzeitig geltend gemacht wurde. In der Praxis haben viele Arbeitnehmer jedoch Hemmungen, solche Forderungen auszusprechen – oft aus Angst vor Spannungen oder Nachteilen. Dabei ist genau das Gegenteil der Fall: Wer gar nichts sagt, verzichtet womöglich unwissentlich auf bares Geld.
Geltendmachung per Anwalt oder Gericht
Zeigt sich der Arbeitgeber uneinsichtig oder ignoriert die Aufforderung, bleibt als nächste Eskalationsstufe der Gang zum Rechtsanwalt oder direkt zum Arbeitsgericht. Viele Fachanwälte bieten hier Erstberatungen an, häufig sogar kostenlos oder auf Basis einer Rechtsschutzversicherung. Das Gericht prüft dann, ob der Urlaub rechtswidrig verweigert wurde – oft mit Erfolg für den Arbeitnehmer. Denn das Bundesarbeitsgericht hat mehrfach klargestellt, dass Urlaubsansprüche nicht einfach durch Schweigen des Arbeitgebers entfallen dürfen (vgl. BAG, Urteil vom 19. Februar 2019 – 9 AZR 321/16). Und ja, es lohnt sich, für sein Recht zu kämpfen.
Dokumentationspflicht des Arbeitgebers
Schriftform und Zustellnachweis
Der Arbeitgeber trägt die sogenannte Nachweispflicht – also die Verantwortung, beweisen zu können, dass der Urlaub ordnungsgemäß gewährt oder abgegolten wurde. Dazu gehört auch die schriftliche Form. Eine mündliche Absprache am Kaffeeautomaten reicht nicht. Selbst eine E-Mail kann kritisch sein, wenn sie nicht zugestellt wurde oder keine Empfangsbestätigung existiert. Deshalb raten viele Arbeitsrechtler: Nur schriftlich, mit Datum, Unterschrift und im Zweifel per Einschreiben. Besonders bei bevorstehendem Fristablauf kann das entscheidend sein.
Verletzung der Fürsorgepflicht
Ein Arbeitgeber, der systematisch Urlaub verweigert oder bewusst ignoriert, verletzt seine arbeitsrechtliche Fürsorgepflicht (§241 Abs. 2 BGB). Diese verpflichtet ihn, auf die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen – insbesondere auch im Rahmen des Gesundheitsschutzes. Urlaub dient der Erholung, das wird sogar in der Rechtsprechung als „grundrechtlich geschütztes Gut“ angesehen (vgl. EuGH, Urteil vom 20. Januar 2009 – C-350/06). Wird dieser Anspruch ohne triftigen Grund blockiert, kann dies arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Schadensersatzpflicht auslösen.
Kündigung Resturlaub Formulierung
Schriftliche Formulierungen im Kündigungsschreiben
Antrag auf Urlaubsgewährung
Wer auf Nummer sicher gehen möchte, formuliert seinen Wunsch nach Urlaub explizit im Kündigungsschreiben. Das kann z. B. so aussehen: „Ich bitte darum, meinen verbleibenden Resturlaub in der Zeit vom … bis … zu gewähren.“ Eine solche Formulierung hat nicht nur Klarheit, sondern schafft auch rechtliche Verbindlichkeit. Selbst wenn der Arbeitgeber später abstreitet, davon gewusst zu haben – das Schreiben beweist das Gegenteil. Und ja, dieser kleine Satz kann im Ernstfall über hunderte Euro entscheiden.
Anspruch auf Urlaubsabgeltung
Wird der Urlaub nicht mehr innerhalb der Kündigungsfrist genommen, sollte zusätzlich die Abgeltung eingefordert werden. Hier ist eine mögliche Formulierung: „Sollte der Urlaub nicht mehr gewährt werden können, bitte ich um Auszahlung gemäß §7 Abs. 4 BUrlG.“ Solche Sätze zeigen dem Arbeitgeber, dass der Arbeitnehmer seine Rechte kennt – und beugen zugleich Missverständnissen vor. Wer das versäumt, läuft Gefahr, den Urlaubsanspruch stillschweigend untergehen zu lassen.
Beispiele und Musterformulierungen
Kombination mit Kündigungsschutzklage
In Fällen, in denen gleichzeitig eine Kündigungsschutzklage erhoben wird, sollte die Urlaubsfrage unbedingt integriert werden. Denn der Urlaub kann auch Teil eines späteren Vergleichs sein. Eine Formulierung wie „Die Urlaubsansprüche bleiben von der Kündigungsschutzklage unberührt und werden hiermit gesichert geltend gemacht“ schafft eine rechtliche Brücke. Auch Richter achten auf solche Klarstellungen, wenn es später um Einigungen oder Teilabgeltungen geht.
Vermeidung missverständlicher Aussagen
Man glaubt gar nicht, wie oft durch schlecht formulierte Schreiben Rechtsansprüche verloren gehen. Sätze wie „Ich nehme meinen Resturlaub“ können problematisch sein, wenn nicht klar ist, ob der Arbeitgeber dem zustimmt. Stattdessen sollten eindeutige Aussagen getroffen werden – inklusive Zeiträume, Anzahl der Urlaubstage und ob es sich um eine Bitte oder eine einseitige Erklärung handelt. Bei Unsicherheiten hilft eine Rückfrage beim Betriebsrat oder ein Blick in ein Musterschreiben.
Rechtsschutz und Klagewege
Arbeitsgerichtliche Durchsetzung
Klagefrist nach §4 KSchG beachten
Viele Arbeitnehmer kennen diesen juristischen Countdown nicht: Wer sich gegen eine Kündigung oder die verweigerte Urlaubsabgeltung wehren will, muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Klage beim Arbeitsgericht erheben (§4 KSchG). Verpasst man diese Frist, gilt die Kündigung als wirksam – selbst wenn sie rechtswidrig war. Und ja, auch der Urlaubsanspruch kann damit verloren gehen. Deshalb: Fristen sofort prüfen und im Zweifel lieber zu früh als zu spät reagieren.
Antrag auf Urlaubsabgeltung
Wenn der Urlaub nicht mehr genommen werden konnte und der Arbeitgeber keine freiwillige Auszahlung vornimmt, bleibt nur der gerichtliche Weg. Der Antrag auf Urlaubsabgeltung wird dabei als selbstständiger Anspruch im Klageverfahren geführt. Wichtig ist, dass dieser Anspruch genau beziffert wird – also mit konkretem Tageswert multipliziert. Wer hier schlampig formuliert, riskiert Ablehnung wegen Unbestimmtheit. Viele Arbeitsgerichte verlangen inzwischen lückenlose Nachweise über offene Urlaubstage und deren rechnerische Grundlage.
Unterstützung durch Gewerkschaften
Rechtsschutzversicherung nutzen
Wer Mitglied einer Gewerkschaft ist, hat oft Anspruch auf kostenlosen Rechtsschutz – einschließlich anwaltlicher Vertretung und Kostenübernahme. Das gilt nicht nur für Kündigungsschutzklagen, sondern auch für Streitigkeiten rund um den Urlaub. Der Vorteil: Die Gewerkschaft kennt sich in branchenspezifischen Regelungen meist sehr gut aus und weiß, wo typische Fallstricke lauern. Gerade bei kurzfristigen Kündigungen kann das der entscheidende Unterschied sein.
Beratung durch DGB oder Verdi
Nicht jeder ist gleich Mitglied – aber viele Gewerkschaften bieten auch für Nichtmitglieder Erstberatung oder Infomaterial an. Der DGB, Verdi oder auch die IG Metall veröffentlichen regelmäßig praxisnahe Ratgeber zu arbeitsrechtlichen Themen, darunter auch zu Urlaubsansprüchen bei Kündigung. Ein Blick auf deren Websites lohnt sich – denn dort findet man nicht nur Rechtliches, sondern auch Tipps zur Kommunikation mit dem Arbeitgeber, Mustertexte und aktuelle Gerichtsurteile.
Urlaub Minijob 2 Tage Woche – So holst du dir, was dir zusteht 👆Fazit
Der Urlaubsanspruch bei Kündigung durch den Arbeitgeber ist weit mehr als eine juristische Randnotiz – er ist bares Geld wert, ein Stück Selbstbestimmung und nicht zuletzt ein Ausdruck von Fairness im Arbeitsverhältnis. Wer seine Rechte kennt, kann nicht nur Konflikte vermeiden, sondern sich auch aktiv und rechtssicher durch den Trennungsprozess bewegen. Vom gesetzlichen Mindesturlaub über die Auswirkungen der Kündigungsfrist bis hin zur Urlaubsabgeltung und deren Formulierung – jeder Schritt will bewusst gegangen sein. Und gerade in emotional aufgeladenen Phasen wie einer Kündigung lohnt es sich, einen kühlen Kopf zu bewahren und strategisch zu handeln. Klar ist: Der Gesetzgeber hat Arbeitnehmern klare Instrumente in die Hand gegeben. Es liegt an uns, sie zu nutzen.
Urlaub Kündigung zweite Jahreshälfte mit Anspruch 👆FAQ
Wie viel Urlaub steht mir nach einer Kündigung durch den Arbeitgeber noch zu?
Das hängt vom Zeitpunkt der Kündigung und der Dauer deiner Betriebszugehörigkeit ab. Wird nach dem 30. Juni gekündigt und hast du dein Wartehalbjahr (§4 BUrlG) erfüllt, hast du Anspruch auf den vollen Jahresurlaub.
Muss ich meinen Resturlaub während der Kündigungsfrist nehmen?
Nein, du musst nicht – aber der Arbeitgeber kann dies anbieten. Wichtig ist, dass du dem zustimmst und der Urlaub klar genehmigt wird. Eine pauschale Freistellung ohne Abstimmung reicht nicht aus.
Wann bekomme ich eine Urlaubsabgeltung?
Nur wenn der Urlaub aus tatsächlichen Gründen nicht mehr genommen werden kann, zum Beispiel bei kurzfristiger Kündigung oder Krankheit während der Frist. Dann wird er gemäß §7 Abs. 4 BUrlG ausgezahlt.
Kann der neue Arbeitgeber meinen alten Urlaub anrechnen?
Ja, gemäß §6 BUrlG darf Urlaub nicht doppelt gewährt werden. Deshalb muss der neue Arbeitgeber wissen, wie viel Urlaub du im alten Job schon hattest oder abgegolten bekommen hast.
Was ist, wenn ich während der Kündigungsfrist krank bin?
Dann kann der Urlaub nicht mehr genommen werden, aber du hast Anspruch auf Abgeltung. Dafür ist ein lückenloses Attest wichtig – ohne Nachweis kann der Arbeitgeber die Zahlung verweigern.
Wie formuliere ich den Antrag auf Urlaub oder Auszahlung richtig?
Ein Beispiel: „Ich bitte darum, meinen verbleibenden Resturlaub in der Zeit vom … bis … zu gewähren.“ Oder: „Sollte der Urlaub nicht mehr gewährt werden, bitte ich um Auszahlung gemäß §7 Abs. 4 BUrlG.“
Verfällt Urlaub, wenn ich ihn nicht rechtzeitig beantrage?
Ja, spätestens 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres verfällt nicht genommener Urlaub (§7 Abs. 3 BUrlG i.V.m. BAG-Rechtsprechung). Voraussetzung ist aber, dass der Arbeitgeber den Urlaub vorher ordnungsgemäß angeboten hat.
Was ist bei befristeten Verträgen zu beachten?
Auch hier besteht Urlaubsanspruch – anteilig je nach Dauer des Arbeitsverhältnisses. Vertragsklauseln, die den Anspruch einschränken, sind oft unwirksam (vgl. BAG, Urteil vom 18.3.2014 – 9 AZR 669/12).
Kann ich Urlaub auch rückwirkend geltend machen, wenn die Kündigung unwirksam war?
Ja, wird die Kündigung gerichtlich aufgehoben, lebt auch der Urlaubsanspruch rückwirkend wieder auf – er muss dann gewährt oder abgegolten werden.
Was tun, wenn der Arbeitgeber Urlaub verweigert?
Zuerst schriftlich auffordern. Reagiert der Arbeitgeber nicht, kann ein Anwalt oder das Arbeitsgericht helfen. Auch Gewerkschaften wie Verdi oder der DGB bieten Beratung und Rechtsschutz.
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